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Zweite Hauptstadt
Zweite Hauptstadt von Donau-Bulgarien. Der Ruinen- und Ausgrabungskomplex liegt 2 km südlich von der heutigen Stadt entfernt. Veliki Preslav war von 893 bis 969 Hauptstadt des bulgarischen Zarenreiches, einem Zeitabschnitt, der als ‘ Goldenes Zeitalter ‘ bulgarischer Literatur und Kultur bezeichnet wird, der Höhepunkt der Blüte und Macht des Reiches. Khan Omurtag (814-831) gründete Preslav als Militärlager mit Festung und Garnison in der ersten Hälfte des 9. Jh. Zar Simeon (893-927) erklärte Preslav zur neuen Hauptstadt des Ersten Bulgarischen Reiches nach der Zerstörung von Pliska. Es entwickelte sich in kurzer Zeitspanne zu einem wichtigen Kultur- und Bildungszentrum, dem weltlichen und geistigen Mittelpunkt des mittelalterlichen bulgarischen Staates, bekannt durch Pracht und Monumentalität der errichteten Bauten, der angewandten Kunst, der Bildhauerei, der bemalten Keramik und der berühmten Gelehrtenschule.
Veliki Preslav wurde streng nach Plan gebaut, mit der gleichen Anordnung der Tore, Türme und Mauern wie Pliska. Es hatte ebenfalls zwei Verteidigungsringe, welche die Innenstadt von der äußeren trennten. Der äußere Ring war jedoch nicht wie bei Pliska ein Graben mit Erdwall, sondern eine massive, hohe Festungsmauer. Den alten bulgarischen Traditionen folgend, errichteten die bulgarischen Baumeister zum ersten Mal in Europa eine Stadt mit zwei konzentrischen Mauern, wobei die äußere eine Dicke von 3,25 m hatte, die innere (die Zitadelle) eine Dicke von 2,80-3 m.
Preslav ist ein rein bulgarischer Name, der seine Abstammung im Wort preslavan (preisen, besingen) hat. Veliki (das Große) wurde hinzugefügt, als Preslav wirklich zu einer großen, stattlichen Hauptstadt mit einer Fläche von 3,5 km2 herangewachsen war. Ganze 28 Jahre brauchte Zar Simeon Veliki dafür, einer der aufgeklärtesten europäischen Herrscher, ausgezeichneter Staatsmann und Krieger, Absolvent der Magnaur-Schule in Konstantinopel. Unter ihm wurde Preslav nach der Hauptstadt von Byzanz zur zweitgrößten Stadt in Südosteuropa. London hatte zu jener Zeit rund 15 000 Einwohner, Paris war noch keine geschlossene Stadt, Madrid war ein Dorf, Berlin und Moskau existierten überhaupt noch nicht. In Preslav lebten und wirkten bedeutende Gelehrte dieser Zeit - Joan Eksarch, Tschernorisez Hrabar, Konstantin Preslavski, Presviter Kosma, Tudor Doskov. Schüler von Kyrill und Method vollbrachten es in einigen Jahrzehnten, die altbulgarische Sprache von einer Kirchensprache in eine der reichsten Literatursprachen des damaligen Europas zu entwickeln. König Svetoslav von Kiev nahm 969 Preslav ein. Von 971 bis 1186 trug es unter byzantinischer Herrschaft den Namen Joanopolis. Im 13./14. Jh. war es wichtiges Verwaltungszentrum und Bischofsitz. 1388 fiel es in die Hände der Türken und wurde zerstört. In den türkischen Registern von 1573, 1585 und 1620 wurde ein Dorf namens Eksi Stamboltschuk (Altes Istanbul) auf dem Platz der ehemaligen Hauptstadt Preslav erwähnt. Diesen Namen behielt das Dorf bis 1878, danach hieß es wieder Preslav. 1993 wurde offiziell wieder der Name Veliki Preslav registriert.
Erhalten geblieben sind die Reste der Festungsmauern, Paläste, Bauten des Hofs und der Verwaltung, Ateliers, Bäder, Wasserleitungen. Von den ehemaligen Bauten in Preslav ist zweifellos die Runde Kirche aus dem Jahr 908 (auch Goldene - Slatnata genannt) das bedeutendste Gebäude. Ihre Kuppel war außen vergoldet, innen trug sie Mosaike auf goldenem Grund. Der Rundbau wurde durch 12 Nischen und 12 massive Pfeiler aus weißem Marmor gegliedert. Das Innere der Kirche war durch zahllose Reliefs, Mosaike und Keramikplatten geschmückt. Die Goldene Kirche ist ein einmaliges Zeugnis der altbulgarischen Architektur, die dem europäischen Barock Jahrhunderte voraus ist. Sie war auch im Mittelalter sehr berühmt. Das ganze Ausgrabungsfeld von Preslav wurde zum architekturhistorischen Denkmal erklärt (Tel. 0538 2630,3243). Vor 90 Jahren wurde ein archäologisches Museum eingerichtet, von besonderem Interesse sind die Exponate bemalter Keramik aus Preslav, allen voran die Keramikikone des Heiligen Theodoros Strateles (Sveti Teodor Stratilat). Im Museum sind der Goldschatz von Preslav und eine Sammlung Bleistempel bulgarischer und byzantinischer Herrscher und Würdenträger in einer Sonderabteilung zu bewundern. Regelmäßige Busverbindungen.
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